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Zweimal Ostermarsch 2022 in Berlin: Friedensdemo oder Zombie-Walk?

2022 gab es den Ostermarsch in Berlin gleich zweimal: In diesem Jahr stand der Krieg in der Ukraine im Mittelpunkt der Kundgebungen. Viele hundert Menschen trugen ihren Protest gegen den Krieg auf die Straße. Doch unterschiedlicher in den Aussagen konnten die beiden Demos nicht sein. Zum Ostermarsch der klassischen Friedensbewegung gab es in diesem Jahr eine Gegenveranstaltung, auf der die Betroffenen von Putins Kriegen selbst zu Wort kamen. Für die Friedensbewegung bedeutet das eine Zeitenwende. Denn neben der Glaubwürdigkeit hat die traditionelle Friedensbewegung längst ihren Markenkern verloren: Eine legitime Sprecherfunktion im Kriegsfall. Denn diese hatte der in Berlin von der sogenannten "Friedenskoordination (Friko) Berlin" angemeldete Marsch definitiv nicht. Nur auf dem alternativen Ostermarsch gab es echte Solidarität und Beistand statt Welterklärung und Belehrung.

 

Friedensmarsch oder Zombie-Walk? Eine kurze Entscheidungshilfe:

 

Selbstverständlich kann man zum Krieg in der Ukraine unterschiedliche Meinungen vertreten. Und nichts ist in einer Demokratie selbstverständlicher, als entschiedene und polarisierende Positionen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Konkurrenz belebt auch das Demo-Geschäft. Wenn es zwei Demos gibt, dann lohnt der Vergleich an Hand von kritischen Leitfragen:

 

A: Auf welchem Ostermarsch kommen Menschen aus Ländern zu Wort, die unmittelbar von Putins Kriegen betroffen sind?

 

Auf der Redner*innenliste des Ostermarsches der traditionellen Friedensbewegung taucht kein einziger Name auf, der einen entsprechenden Hintergrund vermuten lässt. Der alternative Ostermarsch hingegen wird von Aktivist*innen aus der Ukraine, Syrien, Georgien, Belarus getragen und von Initiativen, die seit langem für ihre solidarische Haltung und Expertise für entsprechende Länderkontexte bekannt sind. Das wird in den Reden deutlich.

 

B: Welcher der beiden Ostermärsche sendet eindeutige und unmissverständliche Botschaften der Solidarität mit den unter Putins Kriegen leidenden Menschen?

 

Der von der traditionellen Friedensbewegung verantwortete Ostermarsch schloss ausdrücklich aus, Putin als Aggressor zu benennen. Russische Nationalflaggen hingegen waren nicht ausgeschlossen (Quelle). Deutlicher kann man eine Parteinahme für die Täter nicht ausdrücken. Wer zum traditionellen Ostermarsch ging, konnte bereits im Vorfeld wissen, um welche Agenda es ging.

 

Der von der traditionellen Friedensbewegung initiierte Ostermarsch zeigte vor allem eine Mischung aus Paternalismus, Welterklärung und Belehrung. Die Ukraine müsse neutral sein. Auf dem alternativen Ostermarsch waren die Forderungen der Ukrainer*innen selbst der Kern der Demo. Diese bestanden vor allem darin, Menschen vor Krieg und Gewalt zu schützen.

 

C: Was forderten die Ostermärsche in Hinblick auf Waffenlieferungen und Abrüstung?

 

Der von der traditionellen Friedensbewegung organisierte Ostermarsch forderte selbstverständlich einen Verzicht auf Waffenlieferungen. Hauptsächlich richtete er sich gegen die Aufrüstungspläne der Bundesregierung. Das ist bei der Friedensbewegung erwartbar und in einer Demokratie legitim. 

 

Auf dem alternativen Ostermarsch ging es darum, Putins Kriege zu stoppen. Er war in erster Linie eine reine Anti-Kriegs-Demo. Dass mehr Waffen dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen, muss man nicht teilen. Auch das ist legitim. Was aber ganz und gar nicht nicht legitim ist, ist, Menschen das Recht auf Selbstverteidigung abzusprechen und demzufolge Schutz durch Waffen für sich einzufordern. Dass der alternative Ostermarsch dem Schrei nach Freiheit durch Beistand eine Bühne bietet, macht ihn zum einzig legitimen Friedensmarsch. 

 

D: Welches politische Spektrum ist auf dem Ostermarsch vertreten?

 

Der von der traditionellen Friedensbewegung organisierte Ostermarsch schloss nicht nur russische Flaggen nicht aus: Laut Demo-Berichten in den sozialen Medien tummelten sich auf dem Ostermarsch neben Aktivist*innen aus dem Spektrum der eigentlichen Friedensbewegung auch Personen aus dem Umfeld der Querdenker-Bewegung (Quelle). Eine Friedensbewegung, der es vollkommen an Empathie für die Opfer von Krieg und Gewalt mangelt, solange nicht "der Westen" diese Kriege führt, sollte sich dringend überlegen, ob es vielleicht auch an ihren Botschaften liegt, dass der Ostermarsch Verschwörungsideologen aller Art anzieht. Art und Charakter der Veranstaltung lässt die Vermutung zu, dass genau das gewollt ist. 

 

Der alternative Ostermarsch war nicht parteipolitisch orientiert und von Seiten der deutschen Mehrheitsgesellschaft eher von Menschen aus einem heterogenem, undogmatischen progressiven Linken Spektrum besucht. Bei manchen (unter anderem beim Autor) war ein Bezug zu Initiativen der Syrien-Solidarität erkennbar. Der weit überwiegende Teil der Teilnehmer*innen kam aber dem ersten Augenschein nach aus den Ländern, die von Putins Kriegen unmittelbar betroffen sind. 

 

Fazit: Spar Dir den politischen Zombie-Walk der Friedensbewegung und hilf mit, Putin zu stoppen!

 

 

 

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